Island 2018: Reisebericht (Teil 2)
Am Tag zuvor haben wir de Laugavegur verlassen und unser Lager am Fremri-Emstruá in der Nähe vom Bíldufell aufgeschlagen.
Tag 4: Bíldufell → Innri-Emstruá
21.07.2018
Da wir an den Tagen zuvor nicht so viel Strecke geschafft hatten wie gehofft, wollten wir uns beeilen um etwas Zeit aufzuholen. Wir sind daher recht früh aufgestanden, da wir auf der Wanderkarte zudem erkannt haben, dass uns ein ordentlicher Aufstieg bevor stand: Erst 100 Meter in einem Schwung und danach nochmal 100. Insgesamt 200 Meter sind nicht so viel, es sollte aber sehr steil und unwegsam werden.
Waschtag
Bevor wir allerdings den ersten Aufstieg angingen, entdeckten wir einen kleinen, aber sehr schönen Wasserfall. Da wir schon ein paar Tage unterwegs waren beschlossen wir uns und unsere getragene Wäsche zu waschen.
Weiter entlang der Klippe gab es noch weitere Wasserfälle, aber dieser was am nächsten dran. Das Wasser war unglaublich kalt, aber es tat gut sich zu waschen und frische Wäsche anzuziehen.
Die nasse Wäsche haben wir außen an unsere Rucksäcke gebunden, in der Hoffnung sie würde etwas trocknen. Leider find es direkt an leicht zu regnen.
Aufstieg
Der Aufstieg war – wie zu erwarten – sehr anstrengend, vor allem das Gewicht der Rucksäcke machte uns zu schaffen. Wenig hilfreich war dabei der weiche und unwegsame Untergrund, welcher hauptsächlich aus losem Geröll mit vereinzelten größeren Steinen bestand. Während des Aufstiegs an den teilweise über 45° steilen Hängen, achteten wir darauf, dass wir nicht direkt hintereinander gingen. Nicht selten passierte es nämlich, dass ein größerer Stein ins rollen geraten ist und weiteres Geröll mit nach unten genommen hat. Als die Steine größer und unwegsamer wurden, knickte Kristina einmal böse um und wir mussten eine Pause einlegen.
Oben angekommen hatten wir eine sehr schöne Aussicht auf das tiefer liegende Gebiet und auf den Gletscher. In die andere Richtung, also nach vorne, gab es dann so weit das Auge reichte nur plattes Land.
Das Wetter war nicht all zu schlecht (ganz leichter Regen und etwas Wind), allerdings zog mehr und mehr Nebel auf …
Nebel und Notlager aufschlagen
Irgendwann konnten wir durch den Nebel dann kaum noch was sehen. Es könnten auch die tiefliegenden Wolken gewesen sein, der Übergang war fließend. Jedenfalls hatten wir schon bald jegliche Orientierung verloren.
Durch die Karte wussten wir, dass ein größerer Fluss ganz in der Nähe sein musste. Diesen wollten wir noch furten, um dann dahinter das Lager für die Nacht aufzuschlagen. Leider fanden wir den Fluss nicht und hatten etwas Angst unsere geplante Route mehr und mehr zu verlassen. Nach einer Weile beschlossen wir also das Zelt in einer etwas windgeschützten Senke hinter einem Stein aufzuschlagen. Dort war der Boden nicht ganz so steinig, dafür aber etwas sandig.
Tag 5: Innri-Emstruá → Mælifell
22.07.2018
Wir haben uns für 6 Uhr morgens einen “Luscher-Wecker” gestellt um mal aus dem Zelt zu luschern ob der Nebel noch da ist. Es war leider noch genau so nebelig wie am Abend zuvor, also haben wir uns noch mal hingelegt und sind gemütlich um 8 Uhr aufgestanden. Als wir dann unser Zelt zusammen gepackt haben, war es schon nicht mehr so nebelig. Nach wir ein paar Meter gewandert sind, haben wir direkt den Fluss gefunden, den wir am Vortag gesucht hatten. Er war ca. 50 Meter von unserem Zelt entfernt. Die Sicht war wirklich nicht gut ;)
Der Ar***loch-Fluss
Etwas weiter kamen wir dann am Fluss Innri-Emstruá an. Es war der bis hierhin der größe, reißenste und tiefste Fluss, den wir furten mussten. Zu dem Zeitpunkt als wir dort waren (also Ende Juli) war er ca. 20 Meter breit. Furtet man etwas Diagonal muss man also eher ca. 25 Meter durchfurten.
Das Wasser war sehr trüb (gespeist vom naheliegenden Gletscher), somit konnten wir nicht genau sehen wie tief er war. Daher haben wir unsere Hosen sicherheitshalber gleich ganz ausgezogen. Nachdem wir alle elektronischen Geräte, Kleidung und sonstiges Equipment in separate Beutel verpackt und unsere Gurte gelockert haben, ging es los.
Die Stelle, an der wir gefurtet sind, betrug die Tiefe ca. 80 cm, sodass unsere Unterhosen teilweise nass wurden. Für mich reichte das Wasser bis zum Anfang des Schritts, für Kristina eher bis zum Anfang der Hüfte. Die Kräfte, die durch die Tiefe auf uns wirkten, waren enorm, sodass das Furten nur langsam möglich war.
Das Wasser war zudem unglaublich schnell, unsere Trekking Stöcke wurden direkt mitgerissen. Wir mussten sie also weiter flussaufwärts ins Wasser tauchen, damit sie neben uns den Boden trafen. Der Boden war allerdings voller großer Steine, sodass man nicht immer guten Halt gefunden hat – weder mit den Stöcken noch mit den Füßen.
Felsen im Wasser:
Sowohl direkt vor, als auch hinter einem Stein ist der Grund tiefer.
Vor einem Stein staut sich das Wasser zudem etwas.
Hinter einem Stein ist die Strömung etwas ruhiger, an den Seiten dafür umso schneller.
Ich fand es einfacher mit etwas Abstand hinter großen Steinen entlang zu gehen.
Zum Glück sind wir beide relativ trocken ans andere Ufer gelangt, das ganze war aber schon eine knappe Kiste. Neben Tiefe, Strömung und Sicht war das Wasser sehr kalt, bei jungen Gletscherflüssen sagt man ca. 2-3°C. Macht euch also auf eine Menge Schmerz gefasst, wenn ihr länger als ein ein/zwei Minuten im Wasser seid.
Wir haben für die Distanz von ca. 25 Metern 15-20 Minuten gebraucht.
Alternativen
Wir hatten zwei Alternativen um nicht den Innri-Emstruá zu furten: Eine Brücke der F261 weiter nördlich und den Gletscher weiter südlich.
Die Brücke bedeutete einen Umweg von ca. 15 km (für uns über einen Tagesmarsch), was ein mittelgroßes Problem darstellte. Der Gletscher wäre die andere Möglichkeit gewesen, die mangels Erfahrung nicht unbedingt sicherer gewesen wäre.
In unserem Artikel über die Planung unserer Reise haben wir über die Suche von Alternativen geschrieben. Hätte das Furten nicht geklappt, hätten wir also direkt zwei Alternativen parat gehabt.
Gefahr von Erfrierungen und Nervenschäden
Es gibt vier verschiedene Grade einer Erfrierung (medizinisch: Congelatio). Wikipedia sagt dazu:
- Grades (Congelatio erythematosa): taubes und blasses Hautareal, Schwellung der Hautpartie, Schmerzen
- Grades (Congelatio bullosa): Rötung oder blau-rote Hautfarbe, Schwellung und Blasenbildung
- Grades (Congelatio gangraenosa): Demarkierung bzw. beinahe schmerzfreies Absterben des Gewebes
- Grades: Vereisung und völlige Gewebezerstörung
Unseren Beinen und Füßen hat man nach dem Furten die mangelnde Durchblutung angesehen: Sie waren fast weiß und blieben es auch die ein oder andere Stunde lang. Ich hatte zudem nach diesem Fluss ca. ein halbes Jahr lang taube Zehen.
Endlose Weite auf der Mælifellsandur
Nach dem Innri-Emstruá ging es relativ entspannt weiter, auch das Wetter wurde zunehmend besser. Nach einem kurzen Aufstieg erreichten wir einen See am Fuße des Sléttjökull.
Am See haben wir uns etwas ausgeruht, die Wasservorräte aufgefüllt und sind dann los auf die Mælifellsandur Richtung Mælifell.
Durch die wenigen Hügel war das Laufen meist recht angenehm und wir kamen gut vorran. Vereinzelt kamen uns Bäche entgegen, die wir allerdings überqueren konnten ohne dabei die Schuhe ausziehen zu müssen.
Kurz vor dem Mælifell kamen wir am Brennivínskvísl an, einen etwas größeren Fluss den wir noch überqueren mussten. Danach waren wir nach ca. sieben Stunden sandiger Ebene endlich da: Am Mælifell, einer der Highlights unserer Reise.
Wie sich das für fotogene Highlights gehört, zogen direkt Wolken auf und verhüllten den grünen Berg.
Nach einem 16-Stunden Wandertag sind wir nach dem Abendessen sofort ins Bett gefallen und eingeschlafen.
Tag 6: Mælifell
23.07.2018
Einen Tag lang sind wir am Mælifell geblieben um uns etwas auszuruhen. Dieser Tag war geplant, sodass wir dadurch nicht in Verzug gerieten.
Nachdem wir ausgeschlafen hatten sind wir einen naheliegenden Hügel hinauf und hatten einen schönen Blick über die Landschaft.
Uns wurde gesagt, dass der Handyempfang auf Hügeln besser sein soll. Das stimmte leider nur meistens und nach “Murphy’s Law” genau dann nicht, wenn man eine SMS an Verwandte abschicken möchte.
Tag 7: Mælifell → Hólmsárlón
24.07.2018
Heute ging es dann weiter, Ziel war der See Hólmsárlón.
Flussdelta und Wasserfall
Zunächst sind wir am Brennivínskvísl entlang Richtung Strútur gewandert, wo wir ein größeres Flussdelta überqueren mussten, welches wir bereits aus dem Flugzeug gesehen haben. Die Flüsse waren nicht sonderlich tief, schnell oder anspruchsvoll, der Boden ware es jedoch umso mehr. Es gab eine Menge Treibsand in den wir stellenweise bis zum Knie eingesunden sind.
Da den Brennivínskvísl sehr nah an den angrenzenden Hügeln vorbei fließt und das Ufer entsprechend steil ist, sind wir kurzerhand über die Hügel rüber. Der Rest des Weges war sehr schön und angenehm. Nach kurzer Zeit sind wir einer nicht verzeichneten und unbenannten, aber sehr schönen Kaskade an kleinen Wasserfällen begegnet.
Danach wurde es sehr grün und es wuchs neben dem Moos auch etwas Gras und wir gelangtem zum Fluss Hólmsá. Diesen zu furten war relativ leicht, aber trotzdem sehr kalt. Weiter flussaufwärts floss er durch einen Canyon und bildete weitere Wasserfälle.
Roter Krater
Nachdem wir etwas am Canycon entlang gewandert sind, kamen wir an einen alten und inaktiven kleinen Vulkankarter, der durch seine rot, grün und türkis Töne besticht.
In dem kleinen Kratersee schwammen viele recht scheue Vögel (wahrscheinlich Wildenten).
Wir hatten für die weitere Route zwei Optionen: Über den Fluss, der am See entspringt, oder außen entlang den Kraterrand hinauf. Da wir nicht erneut furten wollten entschieden wir uns für zweiteres, was wir nicht bereuen sollten.
Weiter oben ging es dann auf Schaafspfaden in Richtung des Sees Hólmsárlón.
Die ganze Reise über entdeckten wir seltsame Kreise im Moos (s.o.), welche Nornabaugar (Hexenkreise) genannt werden. Sie entstehen durch einen Pilz, der das Moos befällt und absterben lässt. Durch die Wechselnden Jahreszeiten entstehen dann diese Kreise.
Camp direkt am See
Der Hang zum See ist wirklich sehr steil und wir nutzten einen kleinen Bach um nach unten zu gelangen. Hier war der Hang schon etwas ausgespült und flacher, trotzdem aber steil und rutschig.
Wie wir später erfahren haben wurden im Hólmsárlón vor langer Zeit Fische ausgesetzt, welche sich schlagartig vermehrten. Durch den Mangel an natürlichen Feinden, die die Population kontrollieren, und knappen Nährstoffen sind allerdings alle verendet, sodass heute keine Fische mehr im Hólmsárlón leben.
Auch ohne frischen Fisch haben wir unser Lager direkt am See aufgeschlagen und uns im See gewaschen. Zum baden oder schwimmen war er uns eindeutig zu kalt.
Fortsetzung (Teil 3)
Ich hoffe dir haben der Bericht und die Bilder gefallen.